Vor einiger Zeit fiel mir ein sehr seltenes historisches Computer-Spielzeug in die Hände, das ich interessierten Lesern nicht vorenthalten möchte.

Es handelt sich dabei um einen


Computer-Lehrbaukasten von Philips


Dieser Baukasten vom Typ CL 1601 wurde von Philips um ca. 1972 auf den Markt für Lernspielzeug gebracht. Der Baukasten ermöglicht den Bau von einfachen logischen Schaltungen bis zu Volladdierer und Zahlenratespiel. Er besteht aus einem Eingabebaustein und fünf Logikbausteinen, die durch Kabelverbindungen programmiert werden. Damals wendete sich der Kasten aber wohl weniger an Kinder als an junge Erwachsene und andere Interessierte, was man auch daran sehen kann, daß man im Anleitungsbuch gesiezt wird. Aber auch heute sollten trotz der Unbefangenheit, mit der sie der neuen Technik scheinbar begegnen, Kinder nicht allzu früh mit einem solchen Baukasten konfrontiert werden. Es macht nämlich noch einen Unterschied, ob man wirklich verstehen kann, was abläuft oder ob man nur lernt, wo man klicken muß, damit der lustige Hase auf dem Bildschirm zu hüpfen anfängt. Philips empfahl in seinem Prospekt damals ein Mindestalter von 14 Jahren.

Großes Bild: 407 kB Dieses Bild zeigt den Karton, in dem der Baukasten geliefert wurde. Zur Verbindung der Komponenten wurden sehr provisorisch anmutende Stecker beigelegt, mit denen der als Meterware ebenfalls beiliegende Schaltdraht verklemmt werden konnte. Wer mit dem Baukasten unkomplizierter und schneller arbeiten möchte, ist gut beraten, sich einen fertigen Kabelvorat mit Bananensteckern (4 mm) zu konfektionieren. Man braucht allerdings bis zu 30 Kabel mit je zwei Steckern in unterschiedlichen Längen. Außerdem liegt dem Kasten noch ein Kondensator bei, mit dem man zur Veranschaulichung die Laufzeit der Logikfunktionen verlängern und auch einen Taktgenerator programmieren kann.

Großes Bild: 50 kB Der Eingabebaustein enthält neben den Batterien zur Stromversorgung einen Ausschalter und sechs Schalter zur Festlegung eines Eingabezustandes. Bei den Batterien handelt es sich um vier heute noch handelsübliche Zellen vom Typ UM2 (Baby). Diese liefern eine Spannung von 6 Volt, die für den Betrieb der integrierten Schaltkreise in den Logikbausteinen erforderlich ist. Sie wird durch eine Siliziumdiode im Logikbaustein noch um 0,7 Volt abgesenkt, sodaß der Betrieb mit NiMH-Akkus, von denen vier Stück nur 4,8 Volt liefern, zu unsicher sein dürfte. Man könnte nur versuchen, den Eingabebaustein so umzubauen, daß er 5 NiMH-Akkus aufnehmen kann. Zur Stromversorgung werden die Logikbausteine über spezielle Steckbrücken (auch 4 mm) mit dem Eingabebaustein verbunden.

Großes Bild: 48 kB Der Logikbaustein enthält eine Gatteranordnung mit drei Eingängen auf der linken und einem Ausgang auf der rechten Seite, dessen Zustand auch durch ein Lämpchen angezeigt wird. Die Programmierung erstellt man durch die Verbindung der Eingänge interner Gatter, die durch Kabel im Programmierfeld in der Mitte des Bausteins erfolgt. Die Kenntnis des internen Aufbaus der Elektronik des Logikbausteins ist für den Programmierer unerheblich, denn für jede Logikfunktion liegt dem Kasten eine Schablone bei, die die richtige Verdrahtung darstellt.

Großes Bild: 175 kB Im Anleitungsbuch zu dem Baukasten werden zunächst die logischen Grundfunktionen (Und, Oder, Entweder-Oder, Nicht, Äquivalenz usw.) beschrieben, die im weiterführenden Teil zu Funktionen bis zum Volladdierer kombiniert werden. Das Buch geht sehr detailliert und vollständig vor. Das macht es meiner Ansicht nach auch so zeitlos interessant, denn die logischen Grundlagen, die es vermittelt, gelten heute wie damals und werden auch in Zukunft gültig bleiben. In der Lehre wäre dieser Kasten daher immer noch einsetzbar und es ist eigentlich traurig, daß nur noch wenige Sammler in den Genuß der Arbeit damit kommen können und es keine vergleichbare Neuware mehr am Markt gibt.

Ja, ich bin der Meinung, daß solche Spielzeuge auch heute noch in die Hände von lernbegierigen Jugendlichen gehören und viel zu schade sind, um in irgendwelchen Vitrinen zu vergammeln. Allerdings sollte man auf eine sorgfältige Behandlung achten, denn es ist auch um jedes alte Spielzeug schade, welches im Müll landet.

Der Aufbau der Logikbausteine ist im Anleitungsbuch genau erklärt, obwohl man ihn für die Arbeit mit dem Kasten eigentlich nicht braucht. Sogar eine Belichtungsvorlage zum Anfertigen der verwendeten Platine ist enthalten! Dieser Umstand ist jedoch ganz im damaligen Stil der Zeit, als in den Gebrauchsanweisungen von Autos auch noch der Ölwechsel beschrieben war, und erleichtert heute eine eventuelle Reparatur ungemein. Die Schaltung in den Logikbausteinen ist in TTL aufgebaut. Verwendung finden darin - neben einigen diskreten Bauelementen - die untenstehend aufgeführten integrierten Schaltkreise, zu denen ich hier auch die modernen Vergleichstypen angegeben habe. Beim Austausch anläßlich einer Reparatur sollte man darauf achten, daß man die moderneren LS-Varianten (Low-Power Schottky, z.B. 74LS04) einbaut, denn der Strombedarf der herkömmlichen TTL-Bausteine ist für ein Gerät mit Batteriebetrieb eigentlich zu hoch. Soweit mir bekannt ist, sind die modernen Varianten der ICs zu den älteren anschlußkompatibel. (Keine Gewähr - siehe unten.)

Philips-Bezeichnung Vergleichstyp Gatter-Funktion
FJH 231 7401 NAND (Nicht Und)
FJH 241 7404 Inverter
FJH 151 7450 (7451) Invertierendes Und/Oder (7451 nicht erweiterbar, aber im Logikbaustein auch nicht verwendet)

Bevor aber einer der integrierten Schaltkreise kaputt geht, wird wohl eher das Lämpchen durchbrennen, welches in den Logikbausteinen zur Anzeige des Zustandes am Ausgang dient. Zur Reparatur muß man den betroffenen Logikbaustein öffnen, womit ich jedoch noch keine Erfahrung habe. Er ist aber ähnlich aufgebaut wie der Eingabebaustein, dessen Bodenplatte abgenommen werden kann, um die Batterien zur Stromversorgung einzulegen. Nur ist die Bodenplatte des Logikbausteins an zwei Stellen verklebt. Diese beiden Stellen, die leicht erkennbar sind, würde ich im Falle eines Falles mit einem 3- oder 4-mm-Bohrer aufbohren und die Platte später mit zwei Senkkopf-Blechschrauben wieder befestigen. Sollte ich in die Verlegenheit kommen, das Lämpchen auswechseln zu müssen, werde ich es wohl durch eine Leuchtdiode ersetzen.

Geplant:

Gegebenenfalls werde ich an dieser Stelle auch über die Aufbaukästen berichten. Zur Zeit kann ich nur die folgenden Angaben aus dem Philips-Prospekt von 1980 wiedergeben:


Baukasten Inhalt
CL 1602 2 Logikbausteine zur Realisierung weiterer Programme
CL 1603 1 Logikbaustein und 1 Eingabeeinheit
CL 1604 1 Logikbaustein und 1 Relaisbaustein zur Steuerung externer Geräte
CL 1605 Ziffernanzeigeeinheit und programmierbarer Flip-Flop-Baustein
CL 1650 Kleinerer Einsteigerkasten mit einem Eingabebaustein und nur 2 Logikbausteinen

In einem anderen Prospekt ist ein Baukasten unter der Bezeichnung CL 1640 aufgeführt. Diese Typenbezeichnung deutet bei Philips meistens auf eine abgespeckte Einsteigerversion hin, bei der CL-Serie wird diese aber schon durch den CL 1650 angeboten. Wer zu diesem Kasten nähere Angaben machen kann, sei hiermit aufgefordert, mir seine Informationen zur Verfügung zu stellen.


Die Marke Philips ist ein eingetragenes Warenzeichen der Deutschen Philips GmbH, Hamburg. Philips hatte bis ca. Mitte der 1980er Jahre eine Abteilung Technische Spielwaren, die ein umfangreiches Sortiment wissenschaftlich und technisch orientierter Baukästen zu Themen wie Physik, Elektronik, Chemie und eben auch Computer herausgegeben hat. Philips hat dann jedoch dieses Geschäft an einen reinen Spielzeughersteller abgegeben, der die Serie der Baukästen zunächst weiterentwickelte bevor er sie gegen Ende der 1990er Jahre endgültig einstellte.

Weitere Baukästen von Philips werden z.B. auf der sehr aufwendig gemachten Webseite von Norbert Schneider beschrieben, der auch so freundlich war, diese Seite aufmerksam zu lesen und mir einige der Informationen zur Verfügung zu stellen, die ich hier verwende. Weitere Informationen zu der Philips-Reihe findet man auch auf den Seiten von Jim Melzig, der dort ein virtuelles Spielzeug-Museum der 70er Jahre aufbaut. Eine umfangreiche Sammlung von Originaldokumentation zur Philips-Reihe findet sich auf den Seiten von Tor Gjerde aus Norwegen.

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Diese Seite wurde mir freundlicherweise von Dr. Martin Elfers zur Verfügung gestellt. Hinweise zur Philips CL Serie können gerne auch direkt an mich übermittelt werden.

Norbert Schneider
Philips/Schuco Experimentiersystem