Artikel aus ZEIT Wissen 05-2005
Spaß mit Lasern
In der Disco ist es uns zu laut, aber die Lasershows finden wir toll. Also besuchten wir das internationale Treffen der »LaserFreaks«, brachten unsere eigene kleine Show mit - und versuchten, auf gar keinen Fall in den Laserstrahl zu gucken.
Text Stefanie Schramm und Amélie Putzar
Durch ein Labyrinth von Betonpfeilern kurven wir zum verabredeten Treffpunkt. In der Tiefgarage öffnen wir eine schwere Stahltür, Qualm quillt nach draußen, drinnen zucken farbige Lichtstrahlen. Es sieht aus wie in einer Großraumdisco oder einem Bond-Bösewicht-Labor. Tatsächlich jedoch befinden wir uns im Hörsaal 36 des Physikalischen Instituts der Universität Regensburg.
Dort haben sich etwa 80 Menschen versammelt, die Spaß mit Lasern haben. Organisiert hat das Ganze der Vorlesungsassistent Erich Hans zusammen mit der Vereinigung LaserFreak. Bastler aus ganz Deutschland, aus Frankreich, Großbritannien, Belgien und den Niederlanden sind angereist, um sich gegenseitig ihre Gerätschaften und Shows vorzuführen: Wer hat den stärksten Laser, die schönsten Farben, die trickreichste Strahlsteuerung, die witzigste Show?
Natürlich haben wir auch eine Lasershow mitgebracht. Sie passt auf eine postkartengroße Plastikplatte: Eine Laserdiode wird so eingespannt, dass der Strahl von zwei winzigen Spiegeln im Zickzack abgelenkt wird. Zwei kleine Motoren drehen die Spiegel, rechts und links, langsam und schnell. Das Showmodul kann man selbst basteln, wir haben es bei einem Internet-Versandhandel bestellt: 3,99 Euro, da konnten wir nicht widerstehen. Die Schwingungen der Spiegel sollen sich überlagern und tolle Bilder produzieren, Lissajous-Figuren, benannt nach einem französischen Physiker, der sie im 19. Jahrhundert entdeckt hat, damals noch ohne Laser.
Der erste Laser wurde 1960 gebaut. Wissenschaftler und Ärzte, Fertigungs- und Messtechniker, aber auch Soldaten haben seitdem das gebündelte Licht genutzt. Doch auch in der Disco und auf der Showbühne haben Laser ihren großen Auftritt.
Winfried Brand hat einen länglichen schwarzen Kasten dabei, von dem ein dünnes grünes Kabel in eine weitere Kiste führt, die optische Bank. Daraus sticht ein blaugrüner Strahl in den Raum. »Laser Klasse 4« steht auf der schwarzen Box. Das heißt nach DIN EN 60825-1: »Die Laserstrahlung ist sehr gefährlich für das Auge und gefährlich für die Haut. Sie kann Brand- oder Explosionsgefahr verursachen.« Wir gehen mal lieber auf Abstand. Unsere Diode hat zur Sicherheit nur die Klasse 3a, sie wird also erst richtig gefährlich, wenn man die Strahlen mit einer Linse zusätzlich bündelt. Reingucken sollte man trotzdem nicht, immerhin hat sie mit drei Milliwatt mehr als dreimal so viel Leistung wie ein Laserpointer.
Brand kann da nur grinsen. Aus seinem Laser schießt ein Strahl mit vier Watt. Dafür muss er aber auch 12 000 Watt hineinpumpen. Der Rest gurgelt als Abwärme in den Ausguss: Der Gaslaser wird mit Wasser gekühlt, acht Liter heizt er pro Minute auf Badewassertemperatur. Gefüllt ist er mit den Edelgasen Argon und Krypton, heraus kommt zunächst grünes, blaues oder rotes Licht. Mit einem kleinen Kästchen, in dem ein Kristall steckt, kann Brand außerdem bestimmte Wellenlängen abzweigen und so andere Farben fabrizieren. Der ausgewählte Laserstrahl flitzt dann durch das grüne Glasfaserkabel in die optische Bank. Dort wird er von zwei Spiegeln, die sich bewegen, dirigiert. Fast so wie bei unserer Lasershow, nur dass das Ganze 22 000 Euro gekostet hat, mit gebrauchtem Laser.
Mit vier Watt ist Brands Laser der leistungsstärkste bei dem Treffen. Aber nur, weil ein Kollege mit seiner 7,5-Watt-Kiste abreisen musste. Dessen Showlaser streikte, deshalb muss der Zweitlaser her. Was die Leistung angeht, können einige Geräte also mit den Anlagen in Großraumdiscos mithalten: Der Regensburger Funpark bestrahlt seine Gäste mit fünf Watt. Das wollen sich die Laserliebhaber mal ansehen. Die Physiker, Mechatroniker und sonstigen Laserfreaks machen also eine Exkursion in die Disco, wir bleiben im Hörsaal. Eine gute Gelegenheit, die kleineren Geräte auszuprobieren.
Eine Do-it-yourself-Lasershow hat Organisator Erich Hans mitgebracht. Der Apparat ist seine erste Laserbastelarbeit. Eigentlich hat er ihn nur gebaut, weil er nicht wusste, was er mit dem Ein-Milliwatt-Laser anfangen sollte, den er auf dem Flohmarkt gekauft hatte. Hans, der die Experimente für die Physikvorlesungen vorbereitet, koppelte zwei Spiegel an die Membranen von Lautsprechern und richtete den Laser darauf. Versetzt man die Membranen in Schwingung, lenkt ein Spiegel den Strahl horizontal ab, der andere vertikal. Dabei kommen Lissajous-Figuren heraus.
Für die Schwingungen sind wir zuständig, Hans gibt uns zwei Mikrofone: »Versucht mal, den gleichen Ton zu singen.« Wir versuchen es. Auf der Leinwand erscheint Gekrissel. Das heißt, unsere Frequenzen stehen in einem recht komplizierten Verhältnis zueinander. Als wir uns ein bisschen abgestimmt haben, malt der Laser eine schöne Ellipse. Jetzt haben wir denselben Ton erwischt, nur die Phasen unserer Schallwellen sind verschoben, eine von uns geht (beziehungsweise singt) also eine Winzigkeit nach. Sonst könnten wir einen diagonalen Strich singen. Wäre aber nicht so spannend.
Hans singt nicht selbst, wenn er sich eine Lasershow ansehen will. Er hat ein Computerprogramm geschrieben, das den Strahl steuert. Auch beim Laser hat er aufgerüstet: Immerhin 200 Milliwatt bringt seine neueste Maschine, natürlich in verschiedenen Farben. Manchmal setzt er sich mit seiner Freundin zu Hause aufs Sofa und genießt seine private Lichtshow. Dazu muss allerdings das Wohnzimmer ordentlich eingenebelt werden. »Da muss man vorsichtig sein, wenn man nachher das Fenster aufmacht. Ein Nachbar dachte schon mal, es brennt.«
Die Laserfreaks kommen aus dem Funpark zurück und wollen nun den Hörsaal mit ihren eigenen Shows zur Disco machen. Wir verkrümeln uns in die Rumpelkammer nebenan, wo die Utensilien für die Vorlesungsexperimente lagern. Wir wollen es jetzt mal knallen lassen; mit Laserstrahlen müsste man doch Luftballons sprengen können! Unser Winziglaser reicht dafür allerdings nicht. Zum Glück hat der Vorlesungsassistent Jürgen Putzger noch ein kräftigeres Gerät im Schrank. Den 100-Milliwatt-Laser hat er aus einem DVD-Brenner ausgebaut. Dessen Strahl ist allerdings nicht nur für Luftballons sehr gefährlich, sondern auch für die Augen. Nicht nachmachen!
Wir halten erst einen grünen Ballon in den roten Strahl. Nach einigen Sekunden knallt's, der Ballon ist hin. »Probiert mal einen roten«, schlägt Putzger vor. »Der absorbiert die Strahlung nicht wie der grüne, sondern reflektiert sie. Deshalb müsste der ganz bleiben.« Wir pusten einen roten Ballon auf und halten ihn in den Strahl. Tatsächlich: kein Knall. Jetzt wollen wir es wissen. Wir packen einen roten Ballon in einen grünen und blasen beide auf, was gar nicht so einfach ist. Nichts passiert. Na toll. Schließlich beginnt der grüne Ballon zu schrumpfen. Er platzt nicht, aber wenigstens hat er ein Loch. Der rote bleibt, wie er ist.
Jetzt wollen wir was Dekoratives machen: Lavalampenbilder. Dazu werden wir einen Seifenblasenfilm mit dem Laser anstrahlen. Auch das geht mit unserer Minidiode nicht, weil sie das Licht zu stark bündelt. Wir brauchen einen breiteren Strahl. Putzger schraubt an seinem Laser herum: »Ich schieb die Linse mal eben näher an die Diode, dann weitet sich der Strahl.« Wir versuchen inzwischen, einen Seifenblasenfilm in einen Diarahmen zu kriegen. »Tut ein bisschen Glyzerin in die Lauge, dann trocknet der Film nicht so schnell aus«, rät Putzger und greift in seinen Chemikalienschrank.
In der Tat hält sich die Seifenblase jetzt so lange, dass wir sie durchleuchten können. Auf der Mattscheibe dahinter entsteht ein hübsches Bild, in dem Seifenschlieren herumfließen. Wir pusten vorsichtig auf den Film. Damit können wir die Schlieren lenken. Das funktioniert auch, wenn wir dicht an der Seifenlaugenfläche sprechen. Mit Musik müsste man also eine kleine Seifenblasen-Lasershow veranstalten können.
Putzger sieht aber noch etwas: »Da sind Interferenzen, ganz klar.« Um die Schlieren ziehen sich abwechselnd helle und dunkle Linien. Die entstehen, weil die Seifenschlieren dicker und gewölbt sind und so einige Laserstrahlen ablenken. Das fällt bei Laserlicht sofort auf, weil die Lichtwellen eigentlich im Gleichschritt aus der Diode kommen. Durch die Ablenkung gehen ein paar Wellen nach und kommen den anderen in die Quere. Wenn auf der Mattscheibe dann Lichtwellenberg und -tal zusammentreffen, wird's dunkler. Wenn mehrere Wellenberge an einem Punkt ankommen, wird's heller. Deshalb die Streifen. Doch Interferenzen machen nicht nur dekorative Bilder. Wissenschaftler nutzen Interferenz-Messgeräte, um winzige Dickeunterschiede aufzuspüren.
Aus dem Hörsaal kriecht Nebel in unsere Experimentierkammer. Wir packen unsere Postkarten-Lasershow aus und stecken das Netzteil für die beiden Motoren ein, die Spiegel drehen sich. Jetzt noch die Laserdiode anschließen. Sie leuchtet, aber nur kurz. Die Spannung war wohl zu viel für sie, dabei haben wir nur drei Volt eingestellt, wie es in der Gebrauchsanweisung stand. »Ja, ja, diese Billignetzteile sind nicht so zuverlässig«, sagt Putzger nur.
Er kramt im Schrank und kommt mit einer grünen Laserdiode zurück. »Ist aus einem Laserpointer, hab ich aber auf fünf Milliwatt getunt.« Wir richten den grünen Strahl auf den Spiegel. Jetzt kann es losgehen. Den ersten Spiegel drehen wir mal so richtig auf, den zweiten lassen wir locker linksrum laufen. Ein Blümchen flimmert über die Mattscheibe. Wir spielen mit der Geschwindigkeit, stellen den zweiten Spiegel mal auf rechts, mal auf links und produzieren so verschlungene Kreise, pulsierende Ringe, Spiralen und Propeller.
Die Laserstrahlen würden wir aber auch gern mal in der Luft sehen, nicht nur auf der Mattscheibe. Dazu brauchen wir Rauch, wie in der Disco. Amélie holt eine Zigarette raus. Die müsste man sich doch auch mit einem Laser anstecken können. Die Experimentatorin hält den Glimmstängel in den roten DVD-Brenner-Strahl. Das Papier qualmt ein bisschen, aber zum Anzünden reicht es nicht. Wir versuchen es mit einem Streichholz. Nach zwei, drei Sekunden im Laserstrahl flammt es auf. Mit einem kleinen Umweg lässt sich Amélie so vom Laser Feuer geben. Sie bläst den Qualm dorthin, wo die grünen Laserstrahlen unserer Show sein müssen. Wie durch Zauberhand werden sie sichtbar.
Nicht schlecht, aber für das richtige Lasershowgefühl brauchen wir mehr Rauch. Putzger wirft seine Nebelmaschine an. Wir räumen schnell die Mattscheibe weg, und schon drehen sich die Lissajous-Figuren dreidimensional im Raum. Ein echter Lichttunnel entsteht - das ist das, worauf die Laserfreaks so richtig abfahren. Zum Greifen erscheinen die Tunnelwände, wie aus Seide. Und das mit einem Billig-Spiegelmodul und einem getunten Laserpointer.
Jetzt wollen wir doch mal sehen, was die Anlagen nebenan so drauf haben. Ein Bond-Bösewicht hetzt über die Leinwand, schaltet die Alarmanlage aus, stiehlt den Diamanten, überwältigt die Wachleute und flieht mit Flugzeug, Snowboard, Motorrad. Richtige Kurzfilme, Comics und Musikvideos können die Laser zeichnen, außerdem Lichttunnel und -himmel, die durch den ganzen Hörsaal strahlen. Zugegeben, sie sind größer, sie sind stärker, sie sind bunter, und sie bewegen sich zur Musik. Aber sie sind teurer als 3,99 Euro.
Informationen aus der Laser Szene: LaserFreak.net
Hinweise für Bastler zum Laserschutz: Laser-Safety
Weitere Links in Vorbereitung.